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Die große Gegenwart - christliche Mystik und Zen

Aktualisiert: 26. Feb.


Als ich mich Ende Oktober auf den Weg zu kontemplative Exerzitien, in das Haus Maria Lindenberg in St. Peter im Schwarzwald begab, wusste ich noch nicht was mich erwartet. Ich wollte einmal Zen kennenlernen und mit Zen die Verbindung zu christlicher Mystik erleben.

In der Ausschreibung hat mich der nachfolgende Satz tief bewegt:

Die große Gegenwart

"es will mir scheinen, dass es in dieser Weltstunde überhaupt nicht darauf ankommt, feste Lehre zu besitzen, sondern darauf, ewige Wirklichkeit zu erkennen und aus ihrer Kraft gegenwärtiger Wirklichkeit standzuhalten". (Martin Buber 1949)


Diese Exerziten wurden mit Vorträgen über das Buch "Ich und Du" von Martin Buber und seiner Beziehung zu Dag Hammarskjöld begleitet. Passt genau zu meinen Fragen, so dachte ich mir.

So habe ich mich angemeldet und eingelassen auf eine neue Exerzitienerfahrung.


Ausgehend von meiner jetzigen Situation, meinem Leben welches mir immer neue Fragen aufwirft, und ich Klärung suchte für meine persönliche Situation, aber auch der Unsicherheit in unserer Welt, mit ihren Kriegen und ihrer sinnlosen Zerstörung, suchte ich für mich einen Weg, wie ich mit dieser sinnlosen Gewalt in dieser Welt umgehen kann.

So viele Worte in diesen Tagen, jede und jeder äußert seine Meinung, ob sinnvoll oder nicht. Ich fühlte mich so ohnmächtig und fragte mich "Mensch wo bist du"?

Würden doch alle einmal innehalten und schweigen!!!



Vielleicht habe ich tief in mir die Antwort schon gewusst, warum ich diesen Ort, diese Form der Kontemplation gewählt habe, so erscheint es mir im Rückblick. Zu erfahren dass ich in jeder Begegnung, egal ob Tier, Natur oder der Mensch, ja in Allem, den "Saum der Ewigkeit"berühre, und ich aus ihr die Kraft der gegenwärtigen Wirklichkeit erfahren darf, um in diesem Leben standzuhalten, hat mich tief berührt.




Auf dem Weg zum Haus Maria Lindenberg, den ich vom Zähringer Eck zu Fuß zurücklegte, begegnete mir in einer wunderbaren Landschaft, dieses Kreuz. Es war wie ein Gruß meiner bisher gemachten Erfahrungen meines christlichen Glaubens, für den ich sehr, sehr dankbar bin und ich auch weiter darin gehen möchte.

Dennoch kann ich mich in der Sprache, und in einer für mich, manchmal toten Tradition, hier nur noch selten wiederfinden. Ich bin immer wieder auf der Suche nach einem lebendigen Glauben.





Diese kontemplativen Exerzitien wurden von einem Ehepaar begleitet, die beide Kontemplationlehrer*in sind und den Weg mit Zen schon viele Jahre gehen. Er ist Theologe und Sie Ärztin und Psychotherapeutin. Für mich eine spannende Kombination.


"Das wesentliche geschieht im Schweigen, wenn unser menschliches Wollen und Wissen- Wollen verstummt und unsere Präsenz in die Gegenwärtigkeit des Ewigen hinein erwacht. Was hier geschieht, ist unverfügbar Geschenk - und Beziehung.

Buber formuliert mit folgenden Worten: ""Ich werde am Du. Ich werdend, spreche ich Du"". Er gibt wertvolle Hinweise, um das Beziehungsgeschehen in der Kontemplation besser zu verstehen und anzunehmen".


Die Erfahrung machen zu dürfen, wenn ich meinen Blickwinkel ändere, mich einlasse auf ein "nichts Wollen, nichts Wissen", ich loslasse von meinen Vorstellungen und ich mich ganz der Gegenwart G*ttes im schweigenden Sitzen überlasse, ist so erfüllend und stärkend.

Nur mein Atem führt mich in diese Stille, mein Ein, und Ausatmen, immer wieder...

"es atmet", so hat uns Gabriele jeden Morgen in die Meditation geführt. Dieses gemeinsame Sitzen in der Stille birgt eine große Kraft in sich, die ich nicht mit Worten zu erklären vermag.

Nur Eines kam mir dazu in den Sinn:

Franziskus hat sich zum Gebet immer auf einen Berg begeben. Auf einen Berg, damit er die Welt im Blick, und den offenen Himmel über sich hat. Die Verbindung zur Welt, von der auch Martin Buber in seinem Buch "Ich und Du"immer wieder spricht. In Verbindung sein mit mir und dem was mich umgibt. Und das geht in der Meditation ganz besonders gut. Wir haben keine Nabelschau betrieben. Nein, wir haben uns verbunden mit dem göttlichen Funken in uns, mit unserem Selbst, miteinander und mit der Welt.


Das war immer mein Blick nach der Meditation. Ein Teil dieser Welt!


Das Buch von Martin Buber "Ich und Du" war das Grundgerüst dieser Exerzitien.

Wirkliches Leben ist daher nur präsent, wo Ich-Du Beziehung auch verwirklicht wird.

Und so liegt der Ort der G*ttesbegegnung in der Verwirklichung einer Beziehung.

Wer mit dem ganzen Wesen zu seinem Du geht, findet den Urgrund des Lebens, den man nicht suchen kann …

So gibt es in Wahrheit kein G*tt-Suchen, weil es nichts gibt, wo man G*tt nicht finden kann. G*tt ist pure Präsenz!


Buber selbst spricht von 3 Sphären der Beziehung:

– Leben mit der Natur – Leben mit den Menschen – Leben mit den geistigen Wesenheiten

Und in jeder Sphäre ertasten wir den "Saum der Ewigkeit"


Dies alles ist nicht leicht zu verstehen und es war hilfreich, dass uns Bernhard mit seinen eigenen Worten, die Worte Martin Bubers noch einmal erklärte. Aber auf diese Worte kam es letztlich auch nicht an. Es war "nur" eine Grundlage zu verstehen, wie wichtig es ist in Verbindung, in Beziehung zu sein mit dem Hier und Jetzt.

Nach den Vorträgen haben wir versucht wieder alles zu vergessen, was wichtig war bleibt sowieso im Herzen, und haben uns wieder im Sitzen in der Stille geübt.

Die Gedanken kommen und gehen lassen. Auf meinen Atem achten der kommt und geht, es atmet...

Immer wieder...






Diese Ikone erinnert an die Ikone von Bruder Klaus, aus der Flüeli-Ranft in der Schweiz. Sie stand auf einem kleinen Tisch in unserem Meditationsraum.

Strahlen gehen von innen nach außen und umgekehrt






Für mich war es sehr berührend, dass ich in diesen Exerzitien auch auf Dag Hammarskjöld der von 1953 bis zu seinem Tod 1961 der zweite Generalsekretär der Vereinten Nationen war und sehr viel für den Frieden bewirkt hatte, gestoßen bin. Kurz nach seinem Tod erhielt er den Friedensnobelpreis.

Haben mich doch auch meine Fragen, zur jetzigen Weltsituation und der großen Unsicherheit die ich hier erlebe, zu diesen Exerzitien geführt.

Dass ein Generalsekretär der Vereinten Nationen ein Mystiker war und sich mit seiner ganzen Person und seinem tiefen Glauben an eine göttliche Gegenwart, dieser Aufgabe gewidmet hat, wusste ich bis dahin nicht. Und nun sitze ich hier 6Std. am Tag in der Stille und begegne auch ihm. Verbinde mich dadurch auch mit ihm...mit seinem Glauben, und mit seinen Zweifeln...das hat mich sehr tief berührt!


Christliche Mystik und Zen haben vieles gemeinsam. Das durfte ich in diesen Exerzitien erfahren. Es gibt kein Richtig oder Falsch, es gibt verschiedene Wege G*tt den Urgrund unseres Lebens zu suchen und zu finden. Und ich bin sehr dankbar für diese Erfahrung der Weite, des Eins sein mit mir, der Natur, den Menschen die mit mir meditiert haben, meinen Vorfahren und allen die nach mir kommen werden. Diese Kraft der Stille war sehr, sehr stärkend!

Ich durfte den "Saum der Ewigkeit" berühren...und das war für mich ein tiefes Geheimnis, welches ich nicht mit Worten erklären kann.


Diese Stille gibt mir Kraft und Mut und ich fühle mich nicht mehr nur ohnmächtig. Ich kann mich in dieser Stille mit dem Urgrund des Lebens, mit mir und allen Menschen verbinden. Gemeinsam können wir in der Kraft der Stille für den Frieden und den Menschen, denen Gewalt angetan wird, beten. Und ich glaube an diese Kraft in mir, die mir hilft diese Ohnmacht auszuhalten.


Ich werde mit meinen christlichen Wurzeln und den Erfahrungen des Zen weitergehen.


Und ja, dies Kraft der Stille

Würde doch die ganze Welt einmal nur SCHWEIGEN...


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